Bardolino-Wein

Guter Wein abseits des Tourismus?

Als Cola-Wein bezeichnet der geneigte Snob ganz gerne mal solche Tropfen, die auf einen simplen Massengeschmack ausgerichtet sind. Auch der Bardolino-Wein hat sich diesen Namen leider schon das eine oder andere Mal verdient.

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Wer kennt die Flaschen aus Lebensmitteldiscountern und Supermärkten schließlich nicht, die für oft weit unter zwei Euro versprechen, das Gardasee-Urlaub-Gefühl nach Deutschland zu transportieren? Solche wässrigen Offenbarungen des fehlenden Geschmacks sind dann leider genauso wie das industrielle Ausmaß der Bardolino-Produktion daran schuld, dass der Ruf des Weines sowohl in Deutschland als auch in Italien ziemlich weit unten ist. Man könnte so etwas immerhin noch in die Brause kippen und dann so etwas wie Cherry Coke mit Alkohol erhalten – wir konzentrieren uns aber lieber auf Weine, die es wert sind, genossen zu werden.

Genau solche gibt es nämlich auch im Weinsee des Bardolino-Gebiets einige, unter anderem eben aus dem Örtchen Colà. Gerade im Sommer kann ein leichter, fruchtiger Rotwein (am besten leicht gekühlt) doch so mancher Limonade und so manchem kompliziertem Wuchtwein das Wasser reichen.

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Sommer in Bardolino!

Dass am Ufer des Gardasees eher zum Aperol Spritz gegriffen wird als zum Bardolino Rosé ist schade, trotzdem ist das Gebiet im Südosten des Sees aber von der Nähe zum Wasser geprägt. Die Landschaft gilt genau genommen sogar als Ebene mit teilweise sehr fruchtbaren Böden; größere Hügel findet man hier anders als zum Beispiel im angrenzenden Valpolicella eher selten. Umso mehr muss der ambitionierte Winzer auf gute Arbeit und Einschränkung des sonst überwuchernden Ertrags achten.

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Weinberg bei Colà

Geographisch ist das Bardolino recht großzügig definiert und reicht von Caprino Veronese bis nach Villafranca und von Valeggio sul Mincio bis nach Garda. Das Classico-Gebiet umschließt die Gemeinden in Seenähe wie Lazise, Colà und eben Bardolino selbst. Eine Einteilung in drei Zonen wird zwar von einigen Herstellern gefordert, stößt bei den Gesetzgebern noch nicht auf Gegenliebe. Dabei unterscheiden sich ein Bardolino von den Hügeln von Lazise und einer von den Feldern Sommacampagnas durchaus, und seit der Bardolino Superiore die höchste Qualitätsstufe DOCG tragen darf, nützt es nichts, beide Weine als austauschbar anzusehen.

 

Wenn man nun von Bardolinowein spricht, meint man generell Rot- und Roséwein. Guten Weißwein gibt es dort und in nächster Nähe allerdings reichlich – nur eben unter anderen Namen wie Bianco di Custoza, Lugana oder Soave.

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Der gefällige Roséwein der Gegend nennt sich hier wie auch anderorts in Italien Chiaretto und wird so wie der „normale“ Bardolino und der Superiore aus der Traubenmischung aus Corvina, Rondinella und Molinara gekeltert. Der Chiaretto erhält durch die kurze Gärung idealerweise die ganze Fruchtigkeit und belebende Säure seines roten Bruders, ohne aber die Tannine mitzunehmen. Ein kühler oder warum nicht gleich kalter Chiaretto ist der stereotypische „Terrasenwein“ für laue Sommerabende; kernigere Examplare können aber auch mit so manchem Essen von Salaten (sonst schwierig mit Wein zu kombinieren) über Fisch bis zu Grillgut harmonieren.

Der rote Bardolino an sich, gleich ob Classico oder nicht, hat vielleicht den meisten Schaden genommen durch den Schindluder mit dem Namen Bardolino. Dabei kann ein guter Vertreter für wenig Geld viel Spaß im Glas bieten mit seinen frischen Kirschnoten und dem blumigen Aroma bei eher leichtem Körper und Alkoholgehalt – absolut sommertauglich!

Wer’s kräftiger mag, kann zum Superiore greifen, der mindestens ein Prozent mehr Alkohol hat und im Gegensatz zu der regulären Variante auch manchmal Fassausbau erfährt. Das Resultat ist ein reiferer Wein, der Frucht und Körper kombinieren kann.

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So manchem Burgundertrinker möchte man ganz gerne mal blind einen guten Bardolino unterschmuggeln, um dann sein Gesicht zu sehen, wenn man den Preis verkündet. Zumindest in einem Punkt hat das Bardolino auch einen echten Bezug zum Burgund: So entwarf man vor einiger Zeit den Bardolino Novello als Gegenstück zum gleich kurz nach der Ernte erscheinenden Beaujolais Noveau. Wirklich durchsetzen konnte er sich jedoch nie. Macht nichts, normaler Bardolino schmeckt auch jung und muss nicht lagern (nur Superiore könnte es überhaupt ohne etwas zu verlieren).

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Seeblick leider nicht zubuchbar

Nachdem wir nun aber so oft den „guten Bardolino“ erwähnt haben, fragt man sich vielleicht beim nächsten Weineinkauf, welcher denn ein solcher sein könnte? Probieren geht über studieren, und das Sparschwein muss man für Bardolino schon nicht schlachten, aber konkrete Tipps haben wir auch parat. Einige der größeren Produzenten wie Guerrieri-Rizzardi werden von anderen Seiten gern empfohlen, wir hätten noch ein Paar Geheimtipps zur Ergänzung: Raval in Bardolino produziert zum Beispiel außerordentlich gefällige Weine. Die Cantina di Custoza mag zwar Mitschuld am „Weinsee“ dank Massenproduktion tragen, rehabilitiert sich aber mit feinen Weinen, auch aus biologischem Anbau. Und im Süden erzeugt Corte Gardoni durch penible Weinbergarbeit und große Sorgfalt elegante Tropfen mit frischer Säure.

Da kann dem nächsten Grillabend also nichts mehr im Weg stehen. Außer dem Wetter, und da können wir leider nichts empfehlen (Heizpilze? Regenschirme? Ventilatoren?).

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